Alles beginnt mit dem Geburtstag. Ich schätze den Zufall für das, was er ist und bemühe mich, ihn nicht mit unnötiger Bedeutung aufzuladen, trotzdem freue ich mich, dass Peter Köllerer und ich am gleichen Tag Geburtstag feiern.
Es gibt den Raum. Und es gibt das Material. Das Material wird zum Raum und der Raum wird zum Bild. Das Bild steht für den Raum und für das Material. Das Bild steht für sich.
Wenn Sie etwas über die ersten zehn Jahre im Leben von Peter Köllerer wissen möchten, bin ich der Falsche. Wir teilten noch nicht denselben Raum. Wir waren noch nicht aus dem gleichen Material. Ich hing an einem Faden. Ich schwebte in einem Weltloch.
I’m a writer. Ich bin ein Schriftsteller.
Wenn Peter Köllerers Kunst klingen würde, könnten wir ein Sirren hören, nicht unangenehm, ein unendlich lange anhaltender Ton wie von einer Starkstromleitung zehn Meter über dem Boden, wie der Klang eines Synthesizers, der einen Song unterlegt und ihm eine besondere Note gibt.
Es gibt Codes und Lösungen. Es gibt Namen. Es gibt das stille Alphabet und die Sprache der Zahlen. Es gibt Salamander.
Ich war noch ein Kind, neun, vielleicht zehn Jahre alt, als ich mit meinem besten Freund im Wald, der zum Fluss hinunter führte, eine Stelle fand, die uns wegen ihrer bizarren Formationen aus Kalkstein und Moos auffiel. Das Gelände war steil, ein schattiger, feuchter Abhang. Das Wasser drückte aus dem Boden, lief über die Steine und tropfte aus dem Moos. Über die Jahre hatte das Wasser die Steine geformt, es lagerte Kalk ab, frass Löcher hinein und bildete kleine Mulden, in denen es sich sammelte. In einer der Mulden entdeckten wir einen Feuersalamander, unweit davon einen zweiten, bald einen dritten und einen vierten. Wir fingen sie mit den Händen und setzen sie alle in die gleiche Mulde. Aus Ästen und Steinen bauten wir ein Terrarium. Die glänzend schwarzen Salamander mit ihrer gelben Zeichnung waren etwas Besonderes. Dass sie mythische Wesen waren, die giftige Sekrete absonderten und angeblich im Feuer überlebten, wussten wir nicht. Es war uns klar, dass unser Terrarium nicht geeignet war, die Salamander einzusperren, also bemühten wir uns, es ihnen so angenehm wie möglich zu machen. Wir leiteten das Wasser um und erweiterten die Mulde. Aus Steinen, Farn und Moos bauten wir Landschaften.
Aus der Sprache der Zahlen entsteht der Raum für die Codes.
That there, that’s not me. I go where I please. I walk through walls. I float down the Liffey. I’m not here. This isn’t happening. I’m not here, I’m not here. In a little while, I’ll be gone. The moment’s already passed. Yeah, it’s gone. I’m not here. This ins’t happening. I’m not here, I’m not here. Strobe lights and blown speakers. Fireworks and hurricanes. I’m not here. This isn’t happening. I’m not here, I’m not here.
Radiohead. How To Disappear Completely.
Aus dem stillen Alphabet entsteht der Raum für die Lösungen.
Am nächsten Tag kletterten mein bester Freund und ich den Abhang erneut hinunter, um nach unseren Salamandern zu schauen. Sie waren verschwunden.
Einige Notizen zu Peter Köllerer.
Beware of imitators. This is the original. Such a simple and elegant solution. Unreal things are going on. Think about my words. I was wrong about you. Get more sophisticated. I found that song for you. Home made magic. Lots of new patterns. This is some material for you. Deliver permanent results. Recognize this photo. Everything depends on you.
Ward Newman, Gilbert Ball, Raymond Plummer, Francis Turner, Kendrick Wray und Homer Lin sind nur einigen Namen von vielen.
Radiokopf. Anleitung zum vollständigen Verschwinden.
Das da, das bin nicht ich. Ich gehe dahin, wo ich ankomme. Ich gehe durch Wände. Ich treibe den Fluss hinunter. Ich bin nicht da. Das passiert nicht. Ich bin nicht da, ich bin nicht da. Bald werde ich nicht mehr sein. Der Moment ist schon vorbei. Ja, er ist vorbei. Ich bin nicht da. Das passiert nicht. Ich bin nicht da, ich bin nicht da. Stroboskoplichter und wummernde Lautsprecher. Feuerwerk und Wirbelstürme. Ich bin nicht da. Das passiert nicht. Ich bin nicht da, ich bin nicht da.
Codes führen zu Lösungen.
Die Welt ist voller Löcher. Je genauer wir hinschauen, desto mehr Lücken tun sich auf. Überall passt noch etwas dazwischen. Alles kann verschwinden. Jedes Atom ist ein winziges Sonnensystem. Der Kern aus Protonen und Neutronen wird umkreist von Elektronen. Hätte der Kern eines Heliumatoms einen Durchmesser von einem Millimeter, wäre die Wolke, bestehend aus zwei Elektronen, hundert Meter groß.
Wenn schon da, wo etwas ist, so viel leerer Raum ist, wie leer muss es erst da sein, wo nichts ist?
Vielleicht kommen wir der Antwort mit einer Figur von Peter Köllerer auf die Spur.
LL 11/03/22